Zur Entstehung der Hannover Aktivgruppe


(von Lars Kaiser)

Die Hannover Aktivgruppe wurde quasi aus der Not heraus geboren. Entstanden ist sie aus der Idee heraus, mehreren professionellen Honorarkräften und einem ehrenamtlichen Mitarbeiter (mich) , die für die psychosozialen Kontaktstelle von Beta89 in Hannover tätig waren, die Möglichkeit zu bieten, sich von ihren Klienten zu verabschieden, nachdem die Einrichtung nur noch auf studentische Kräfte setzen wollte.

Weiter unten habe ich einen kurzen Bericht verfasst, was passiert ist und eine Erklärung. warum ich (Lars Kaiser) als Ehrenamtlicher unter diesen Bedingungen nicht mehr für Beta89 arbeiten möchte.

Aber es geht weiter. Wo Kapazitäten frei werden, kann Neues entstehen.

Wir gründen die ‚Hannover Aktivgruppe‚. Sei aktiv. Mach mit! Gestalte Deine Freizeit in einer netten Gruppe.

Was ist bei Beta89 passiert? Ein kurzer Bericht:


Beta89 dürfte in Hannover ein Begriff sein. Dabei handelt es ich um einen Verein, der für psychisch Kranke Personen eine Tagesstätte, betreutes Wohnen, eine psychosoziale Kontaktstelle usw. betreibt

Ich selbst habe seit dem 31.01.2014 ehrenamtlich in der psychosozialen Kontaktstelle (kurz PSK) von Beta89 gearbeitet. In einer PSK können sich psychisch gesundende Menschen, wie sie von Beta89 genannt werden, treffen, Kontakte schmieden und an Aktionen und Ausflügen teilnehmen.

Das Team an Mitarbeitern bestand bis von kurzem aus einer fest angestellten Mitarbeiterin, die an drei Tagen die Woche die PSK betreut, aus einem Team aus Honorarkräften, das sich aus professionellen Mitarbeitern und Studenten zusammen setzte und mich als ehrenamtlicher Kraft. Die Honoroarkräfte teilen sich die Dienste am Wochenende, bei Urlaubsvertretungen und Ausflügen.

Die neue Leitung der Einrichtung strebte jedoch eine Entprofessionalisierung der PSK an. Professionelle Kräfte sollten künftig durch Studenten ersetzt werden. Von einer professionellen Kraft, die seit Jahren in der PSK als Honorarkraft tätig war, wurde sich in einem kurzen Telefonat sofort getrennt, da sie hauptberuflich bei der ‚Konkurrenz‘ arbeite. Die anderen Kräfte sollten nach und nach ersetzt werden.

Darauf hin haben die restlichen professionellen Kräfte und ich ebenfalls die Zusammenarbeit mit Beta89 beendet.

Meine Krtik am ’neuen‘ Konzept:

Meine persönlichen Beweggründe und Befürchtungen (vor allem an Wochenenden und während Vertretungsphasen):

  1. Eine professionelle Betreuung ist unabdingbar für Menschen mit psychischen Problemen, die Qualität der Betreuung durch ausschließlich studentische Kräfte wird nachlassen. Es wird eine hohe Fluktuation im Personal stattfinden und damit die Stabilität für die Klienten fehlen. Beziehungsarbeit wird kaum mehr möglich sein.
  2. Rein studentische Kräfte können überfordert sein, falls Menschen in Krisen die PSK besuchen. Ohne professionelle Kräfte haben sie auch niemanden, an den sie sich während ihres Dienstes am Wochenende telefonisch wenden können. Einem Studenten im 4. oder 5. Semester fehlt die Erfahrung, um mit psychotischen, suizidalen, alkoholisierten oder gewalttätigen Klienten adäquat umzugehen und gegebenenfalls sich und die Gruppe zu schützen.
  3. Ein Konzept, dass darauf beruht, dass die Klienten mit ständig wechselnden Gesichtern zu tun haben, möchte ich nicht unterstützen. Laut Leitung sei dies aber von Vorteil. Die Klienten würden sich dadurch nicht an die Honorarkraft gewöhnen, damit würde keine ‚Kerngruppe‘ unter den Klienten entstehen, die es neuen Klienten erschwere, in die Gruppe aufgenommen zu werden. (Wer diese Argumentation nicht versteht: Ich verstehe sie auch nicht. Das bedeutet wohl, dass tiefere Kontakte der Klienten untereinander in der Kontaktstelle eher nicht erwünscht sind.)
  4. Die Klienten der PSK verdienen eine professionelle Betreuung, zumal die PSK durch das Niedersächsische Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales und der Region und nicht durch das Studentenwerk oder das Bildungsministerium gefördert wird, damit sich Studenten ausprobieren können.
  5. PSK Klienten, mit denen ich sprach, äußerten die Befürchtung, künftig als Versuchskaninchen für Studenten missbraucht zu werden.
  6. Das neue ‚Konzept‘, komplett bei dem Honorarkräften auf Studenten zu setzen (das gab es dort früher schon in dieser PSK, hatte aber nicht zuverlässig funktioniert) hat ein funktionierendes Team auseinander gerissen, die Klienten verunsichert und das Vertrauen in die PSK und Beta89 schwer geschädigt.
  7. Konkurrenzdenken im sozialen Bereich läuft den Interessen der Klienten zuwider. Jeder Klient verdient das für ihn passende Angebot, auch wenn dies nur in einer fremden Einrichtungen verfügbar ist. Einen Klienten an die eigene Einrichtung zu binden, auch wenn diese für ihn nicht passend ist, ist kontraproduktiv und verbessert die Situation von Klienten nicht.
  8. Nicht zuletzt bin ich persönlich entsetzt, auf welche Art und Weise man sich hier einer langjährigen Mitarbeiterin entledigt hat, weil sie Hauptberuflich bei der ‚Konkurrenz‘ arbeitet. Ein kurzes Telefongespräch, keine Blumen für die geleistet Arbeit auch in Krisenzeiten, keine Abschiedskarte…

Dieser Text spiegelt meine eigene Meinung wieder. Ich bin natürlich bereit, eine Gegendarstellung an dieser Stelle zu veröffentlichen.

21.07.2020, Hannover, Lars Kaiser


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